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Ein witziges Szenario spielte sich nach dem Wettkampf ab. Im Pressezentrum des Adler-Skistadions in Hinterzarten klopfte es an der Tür. Karl Geiger betrat den Raum. Etwas zurückhaltend und mit einem verschmitzten Lächeln fragte der 23-Jährige nach dem Ort, wo es das Preisgeld gäbe. Er habe mitbekommen, dass sein Name bei der Übergabe fiel, doch war er in diesem Moment nicht anwesend.

Für das Wochenende sollte es die einzige Verspätung des Allgäuers sein. Auf der Skisprungschanze war der Mann vom SC Oberstdorf hellwach und rechtzeitig dran. Schon in der Qualifikation wusste „Karle“ Geiger zu überzeugen: 97 Meter (122,3 Punkte) bedeuteten den dritten Platz. Und dennoch zeigte sich Geiger nach dem Sprung selbstkritisch: „Die Basis ist momentan ordentlich, sodass auch nicht so gute Sprünge immer noch weit gehen. Das macht mich glücklich.“ Hinzu kommt, dass die Rothaus-Schanze nicht zu den Lieblingsschanzen des Allgäuers zählt. Viel lieber springt er auf seiner Heimschanze in Oberstdorf, wo er zuletzt beim Nachtspringen den ersten Rang belegte. „Das war ein cooler Wettkampf mit einer tollen Atmosphäre. Man kann den Sommer-Grand-Prix damit nicht vergleichen. Doch wenn ich mich entscheiden müsste, dann würde ich in Oberstdorf springen“, schwärmt der Oberstdorfer vom Heimevent bei Nacht.

Wobei die Stimmung in Hinterzarten keineswegs schlecht war. 5000 Zuschauer sahen ein spannendes Springen, bei dem Andreas Wellinger den Tagessieg holte. Auch der 1,83 Meter große Allgäuer wusste die Bühne im Hochschwarzwald zu nutzen: 98,5 und 101,5 Meter (259,6 Punkte) brachten ihn auf Platz sechs, vor Andreas Wank (7.), Stephan Leyhe (8.) oder Richard Freitag (21.). Der 23-Jährige konnte sich das bubenhafte Grinsen nicht verkneifen. „Der sechste Platz ist sensationell. Die Sprünge waren schon sehr gut, es ist aber immer noch Luft nach oben“, lautete Geigers Fazit.

Momentan läuft es, auch privat ist er gut in der Spur. Neben dem Sport studiert Geiger an der Hochschule in Kempten Energie- und Umwelttechnik. Für das Sommersemester hat er alle Prüfungen absolviert, im nächsten Semester peilt Geiger den Bachelor-Abschluss an. Auch Bundestrainer Werner Schuster ist zufrieden mit der Entwicklung seines Schützlings. „Karl hat schon vor drei, vier Jahren angeklopft, musste aber dann durch ein Tal gehen. Letztes Jahr hat er sich stabilisiert, sowohl leistungsmäßig als auch emotional. Zudem ist er ein kluger Kopf“, sagt der Österreicher.

2016 scheint ein gutes Jahr für den Oberstdorfer zu sein: Die Weltcup-Saison beendete er mit Rang 30 in der Gesamtwertung so gut wie nie zuvor. Dazu sprang im finnischen Lahti Rang zwei als bestes Weltcup-Resultat heraus und beim Skifliegen in Planica schaffte er mit 219 Metern eine neue persönliche Bestweite.

Was kommt als Nächstes? „Ich möchte mich weiter steigern.“ Sein großes Ziel ist es, den gesamten Weltcup durchzuspringen und nicht in die B-Mannschaft zurückzumüssen. „Daher möchte ich konstant unter die ersten 15 springen. Und natürlich will ich an der Nordischen Ski-WM in Lahti teilnehmen“, so die Devise des sympathischen Springers. Nun wird im französischen Courchevel trainiert, ehe die Sommerserie am 5. und 6. August ihren nächsten Halt in Einsiedeln (Schweiz) macht.
Wie viele Springen des Sommer-Grand-Prix der Allgäuer absolvieren wird, steht noch nicht fest. Doch er wird auf alle Fälle versuchen an die Leistungen der vergangenen Tage anzuknüpfen. Und hoffentlich vergisst er bei den nächsten Erfolgen nicht wieder die Preisgeld-Übergabe. In Hinterzarten kam er dann doch noch zu seinem verdienten Lohn – 500 Schweizer Franken.

Auch beim Sommer-Grand-Prix in Einsiedeln (Schweiz) konnte Karle Geiger erneut eine ordentliche Leistung abrufen und belegte am Ende in einem seht stark besetzten Wettkampf den 11. Rang.

Text: Allgäuer Anzeigeblatt, 02.08.2016